Domain Streitschlichtung (UDRP Verfahren)

Bevor Sie eine Domain registrieren, sollten Sie sich im Klaren sein, dass Sie nicht jeden beliebigen Namen für sich registrieren und nutzen können. Es gelten bestimmte Regeln, die Sie zwingend beachten sollten. Die wichtigste Regel lautet: Vermeiden Sie Domainregistrierungen von Namen, auf die bereits eine Schutzmarke angemeldet ist. Registrieren Sie eine Domain mit einem Namen (oder Namensbestandteil) auf den eine Schutzmarke oder Handelsmarke angemeldet ist, kann es passieren, dass Sie sich einem Domain-Streitschlichtungsverfahren gegenüber stehen, welches vom Markeninhaber intitiiert wird. Das Domain-Streitschlichtungsverfahren heißt auch UDRP-Verfahren (Uniform Domain Name Dispute-Resolution Policy).

Mit der Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy, kurz UDRP,  bietet die ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) ein spezielles Schlichtungsverfahren an, um Domain-Streitigkeiten kostengünstig zu lösen. Dies ist vor allem bei den generischen Top-Level-Domains, wie .com, .net, .info, .org, .biz, oder auch .name sinnvoll, da sich hier -im kompliziertesten Fall- Kläger, Beklagter, Registrierungsbehörde und Registrierungsstelle alle in unterschiedlichen Ländern befinden können. Bei einem UDRP-Verfahren handelt es sich zudem um ein Eilverfahren (im Gegensatz zum langwierigen gerichtlichen Weg), welches fast immer innerhalb von 2 Monaten entschieden und abgeschlossen wird. Allerdings, wie der Name schon sagt, ist es eben auch nur ein Schlichtungsverfahren. Die Entscheidung wird zwar von den teilnehmenden Registrierungsbehörden respektiert und umgesetzt, ist aber nicht rechtlich bindend! D.h., ist der Ausgang für eine Partei nicht zufriedenstellend, kann immer noch der gerichtliche Weg bei den zuständigen Behörden begangen werden. Auch zahlt bei einem UDRP-Verfahren immer der Kläger die Gebühr (bspw. bei der WIPO beginnend ab 1.500 US-Dollar) – egal, welchen Ausgang das Verfahren am Ende nimmt. Hinzu kommen natürlich auch immer noch die eigenen Anwaltskosten.

Akkreditierte Schiedsstellen

Insgesamt gibt es vier von der ICANN akkreditierte Organisationen, die Domain-Streitschlichtungsverfahren durchführen dürfen. Dazu zählen:

Die Schiedsstelle der WIPO ist von der Liste die am häufigsten genutzte Schiedsstelle für Domain-Streitschlichtungen, allein zwischen Januar und November 2018 gab es rund 2600 UDRP-Anträge.

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Klage

Damit ein Kläger erfolgreiche Chancen hat, sein angestrebtes Domain-Streitschlichtungsverfahren zu gewinnen, muss er mindestens einen der folgenden drei Punkte nachweisen können:

  • Der Domainname ist mit einer Handels- oder Dienstleistungsmarke, an welcher der Kläger Rechte hat, identisch oder dieser täuschend ähnlich
  • Der Beklagte hat weder Rechte noch legitimes Interesse an dem Domainnamen
  • Der Domainname wurde vom Beklagten in böser Absicht registriert

Kann einer dieser Punkte vom Kläger erfolgreich belegt werden, fällt das Gremium (welchem zwischen einem und mehreren Mitgliedern angehören können) die Entscheidung zu Gunsten des Antragstellers. Der oder die strittigen Domainnamen müssen dann an den Kläger übertragen werden (sofern beantragt).

Der UDRP Prozess

Das folgende Bild veranschaulicht den vereinfacht dargestellten Ablauf eines UDRP-Verfahrens (Grundlage ist das Domain-Streitschlichtungsverfahren, wie es bei der WIPO gehandhabt wird).

WIPO UDRP Prozess Schaubild

Das Gremium, welches den UDRP-Antrag bearbeitet, hat grundsätzlich zwei Entscheidungsmöglichkeiten. Es kann nach sorgfältiger Prüfung entweder dem Antrag des Klägers stattgeben, oder die Klage abweisen. Bei einer Abweisung besteht in der Urteilsbegründung noch die Möglichkeit, detaillierter auf Sachverhalte einzugehen. So wird bspw. angegeben, wenn das Gremium den Verdacht hat, der Kläger nutzt das UDRP-Verfahren, um sich einen Domainnamen widerrechtlich zu beschaffen (Reverse Domain Name Hijacking). Es kann auch vorkommen, dass bei einem aus mehreren Mitgliedern bestehendem Gremium, die Entscheidung nicht einstimmig ausfällt. Dann wird als Anahng zu der Urteilsbegründung noch die abweichende Meinung des bzw. der betroffenen Gremium-Mitglieder veröffentlicht. Daher lassen sich Abweisungen der Klagen etwas detaillierter gruppieren. Zudem besteht die Möglichkeit, dass sich Kläger und Beklagter auf einen Vergleich einigen, noch während das UDRP-Verfahren läuft. Damit gibt es eine dritte Möglichkeit, die aber nicht in der Entscheidungshoheit des Gremiums liegt.

Mögliche Entscheidungen eines UDRP-Prozesses

Ist die Klage des Antragstellers erfolgreich, also konnte er dem Gremium mindestens einen der drei oben erwähnten Punkte glaubhaft belegen, muss die strittige Domain vom Beklagten auf den Kläger übertragen werden – sofern er dies möchte (siehe „Löschung“).

Auch eine Löschung der strittigen Domain kann der Kläger beantragen. Nach einem erfolgreich gewonnenen Verfahren wird die Domain dann sofort gelöscht und nicht zum Kläger übertragen. Dies kommt jedoch selten vor und wird nur unter ganz bestimmten Bedingungen beantragt. Dies ist bspw. der Fall, wenn der Domainname in so „absurder“ Schreibweise bzw. mit in einer im Zusammenhang völlig sinnlosen Top-Level-Domain registriert ist, dass es für den Kläger keinen Mehrwert bringt, die Domain zukünftig selbst zu verwalten. Außerdem sollte sich der Kläger schon ziemlich sicher sein, dass diese Schreibweise/Kombination eigentlich auch niemand anders als Anlass zur erneuten Registrierung nimmt. Hierbei handelt es sich oft um Domainnamen, die exakt einen Markennamen beinhalten (evtl. mit Zusätzen) und vom Inhaber nur in „böser Absicht“ registriert wurden. Beispiele sind: Haribo-de.com (D2018-1975) oder auch volkswagen.buzz (D2018-0922). Hier können die Markeninhaber mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass diese Namen nach einer Löschung nicht erneut registriert werden. Falls doch, bleibt für den Betroffenen nichts anderes übrig, als ein erneutes UDRP-Verfahren anstreben.

Konnte der Antragsteller dem Gremium keinen der drei Punkte glaubhaft belegen oder konnte sogar der Beklagte die Anschuldigungen seinerseits entkräften und dem Entscheidungsgremium glaubhaft belegen, warum er die Domain aus seiner Sicht rechtmäßig registriert hat, fällt die Enscheidung zu Gunsten des Beklagten aus. Die Domain darf weiterhin von ihm verwendet werden. Dem Kläger steht danach noch die Möglichkeit offen, die Domain in einem gerichtlichen Prozess einzuklagen.[/accordion_item][accordion_item title=“Klage abgewiesen, Betrugsverdacht gegen Kläger (Complaint Denied, Reverse Domain Name Hijacking)“]Der Antrag kann mit dem Zusatz „Betrugsverdacht“ abgelehnt werden, wenn sich während des Verfahrens bei den Gremium-Mitgliedern der Verdacht erhärtet, dass der Antragsteller durch das UDRP-Verfahren versucht, die Domain vom rechtmäßigen Besitzer unrechtmäßig zu erlangen. Der Kläger kann also kann nicht nur keine der drei Kriterien glaubwürdig beweisen, sondern er hinterlässt auch den Eindruck, dass er das UDRP-Verfahren „missbraucht“, um kostengünstig an die Domain zu gelangen – obwohl er sie vielleicht auch offiziell vom Inhaber kaufen könnte. Das kann bspw. der Fall sein, wenn die Domain länger registriert ist, als die eingetragene Marke des Klägers und der Inhaber einen hohen Veraufspreis ansetzt. Anstatt die Domain offiziell zu kaufen, ist ein UDRP-Verfahren günstiger – soweit oft die Theorie des Klägers.
Ein Beispiel aus dem Jahr 2018, wo die Klage eines deutschen Unternehmens mit diesem Verdacht abgewiesen wurde, ist die Domain hanit.com (D2018-1433).

Besteht das Gremium aus mehreren Mitgliedern, kann es vorkommen, dass die Entscheidung zur Abweisung der Klage nicht einstimmig ausfällt. In diesem Fall wird der Urteilsbegründung noch die abweichende Meinung des entsprechenden Mitgliedes beigefügt, wo es detailliert darlegt, warum es die Meinung der anderen Mitglieder nicht teilt.

Sollten sich Kläger und Beklagter während eines laufenden UDRP-Verfahrens (noch vor einem Beschluss) auf einen Vergleich einigen, muss das Gremium keine Entscheidung mehr fällen. Ist dies der Fall, wird das Verfahren als „Terminated“ abgeschlossen. Der Vergleich muss allerdings bestimmten, von der WIPO vorgegebenen Schritten folgen, um aktzeptiert zu werden.
Ein Grund, warum ein Beklagter auf den Kläger zugeht, um sich auf einen Vergleich zu einigen ist oftmals die Reputation. Die Entscheidungen der WIPO sind öffentlich, dabei werden auch die Namen von beiden Parteien genannt. Durch die Veröffentlichung werden die Entscheidungen auch von den Suchmaschinen indiziert. Nun ist vielleicht nicht jeder Beklage gewillt, seinen Namen im Zusammenhang mit einem UDRP-Verfahren zu lesen. Vor allem, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass er das Verfahren verliert (evtl. sogar noch mit dem Zusatz „Betrugsverdacht“). Auch für den Kläger hat der Vergleich dann einen Vorteil, denn er bekommt anteilig die UDRP-Gebühr erstattet. Nach einem erfolgreichen Vergleich, wird zwar die Entscheidung ebenfalls von der WIPO veröffentlicht, allerdings nur mit dem Namen des Klägers. Der Beklagte wird nicht öffentlich genannt.

Aktuelle Entscheidungen

DomainWIPO FallWIPO Entscheidung
Consumersreportz.comD2020-2912Übertragung
Heetsperpa.comD2020-2796Übertragung
Fxcmhk.com.cnDCN2020-0036Übertragung
Remotesidley.comD2020-2991Übertragung
Tysonfoodgroup.comD2020-2942Übertragung
Santatoeic.comD2020-2634Übertragung
Bmwfairfield.comD2020-2753Übertragung
Summitbicycles.comD2020-3077Übertragung

Verfahren für die deutsche ccTLD .DE

Die DeNIC, also die Registrierungsbehörde, welche die deutsche ccTLD .DE verwaltet, hat das von der ICANN angebotene UDRP-Verfahren nicht adaptiert. Sie geht grundlegend davon aus, dass bei registrierten Domainnamen mit der Endung .DE die meisten Beteiligten in Deutschland ansässig sind. Somit kann direkt vor einem deutschen Gericht geklagt werden. Die Entscheidung ist dann auch rechtlich bindend und die unterlegene Partei hat sämtliche Prozesskosten zu tragen. Gewinnt der Kläger, heben sich hier zwei Nachteile eines UDRP-Verfahrens auf: rechtliche Bindung, keine Kosten. Damit vor- bzw. während eines Prozesses die strittige .DE Domain nicht vom Beklagten an einen Dritten übertragen werden kann, hat der Kläger bei der DeNIC die Möglichkeit eines so genannten DISPUTE (deutsch: „Streit“) Eintrages. Damit kann der Beklagte die strittige Domain zwar bis zu einem Gerichtsbeschluss weiterhin nutzen, eine Übertragung ist allerdings ausgeschlossen.

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht – vorherige Recherche evtl. schon!

Damit Sie gar nicht erst in die Nähe einer Klage kommen, vergewissern Sie sich, bevor Sie eine Domain kaufen oder neu registrieren, dass der Name keine Markenrechte anderer verletzt. Zur Recherche dienen u.a. Plattformen wie das Deutsche Patent und Markenamt oder auch Internetdienste wie Trademark247.com. Möchten Sie trotzdem einen Domainnamen registrieren der bereits eine eingetragene Schutzmarke enthält, bspw. da Sie den Namen in einer anderen Waren/Dienstleisungskategorie (Nizza-Klassifikation) verwenden wollen, sollten Sie vorher einen Fachanwalt kontaktieren.